NACHHALL

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute feiern wir Sankt Martin! Die Heiligenlegende begleitet mich seit ich denken kann. Für mich zeigt sie: es ist möglich die Welt zu verändern. Auch Staatsdiener, Männer wie Martin, die für das System gekämpft haben, können Nächstenliebe vorleben und für eine alternative Weltordnung einstehen. Warum nur verraten wir Christen diesen Auftrag immer wieder laut schnatternd? Jetzt gehen wir zum Laternenfest und kaufen Plastik-LED-Leuchtstäbe made in China.

Ich stelle mir vor, wie ein Soldat, vielleicht ein Afghanistan-Rückkehrer, am Sendlinger Tor auf eine Obdachlose trifft. Es ist kalt, die Frau braucht Hilfe. „Bist du geimpft?“, wird der Soldat fragen. „Nein!“, lautet ihre gehauchte Antwort. Mit den Worten „Selber schuld!“ schreitet der Soldat durch das Tor hinein in die Einkaufsstrasse, noch mehr Unterhaltung und Nippes als Weihnachtsgeschenke shoppen.

Es ist pervers, welche Konjunktur auch das Wort „Teilen“ erhalten hat. Der heilige Martin teilte seinen eigenen Mantel. Und was wird heute alles in den sozialen Netzwerken geteilt? Meistens handelt es sich doch um die Zur­schau­stel­lung von Diebesgut. Mensch schmückt sich mit fremden Federn. Allenfalls werden noch anonyme Hasskommentare geteilt. Austeilen im Sinne von draufhauen.

Unsere Autoren teilen noch nach der ursprünglichen Bedeutung, dafür möchte ich allen ausdrücklich danken. Eure Gedanken, Meinungen und Wahrheiten haben mich Bettler in dieser kalten Nacht gerettet, und wärmen mich Tag für Tag.

Deshalb wage ich nochmal einen Aufruf an uns alle: Teile den NACHHALL mit Deinen Freunden und Feinden! Kopier, schreib ab, wie die Mönche im Mittelalter, oder sprüh Graffitis. Schick mir Deine Posts mit #nachhall und Deine Selfies, Fotos oder Videos. Bastel Papierflugzeuge, falte Origami oder nutze den Nachhall als Leinwand. Zeig her Deine Mantelhälfte! Du wirst viele wärmen.

Dein
Paul Andersson