NACHHALL

Liebe Leserin, lieber Leser,

Gedanken zu formulieren hat mir seit ich schreiben kann großen Spaß gemacht. Heute sitze ich aber ratlos vor dem leeren Blatt Papier. Wie drücke ich mich richtig aus? Die Verpackung scheint wichtiger als der Inhalt geworden zu sein.

Schreibe ich „Spaziergang“ oder „Eigenverantwortung“, dann läuft bereits im Kopf des Lesers (generisches Maskulinum) ein Film ab. Als Schreiber (zugleich biologischer Mann) kann ich gar nicht mehr alle diese in verschiedenen Blasen und Echokammern als Reizworte empfundenen Wörter in ihrer Mehrdeutigkeit kennen. Wie sie dann elegant umschiffen?

Immer häufiger, so kommt es mir vor, und da nehme ich mich gar nicht aus, betonen wir das Trennende. Streiten lautstark über Nebensächliches oder diskutieren Vermutungen und Unterstellungen. Dabei gibt es doch so ungeheuer Vieles, was uns eint!

Impfen wir doch alle mit Freude. Wer froh und glücklich lebt, wer friedlich und hoffnungsvoll bleibt, der wird die Welt verändern! Und dieses Beispiel, diese Botschaft wird sich verbreiten und durchsetzen. Was mich gerade froh stimmt ist ein ZEIT-Interview mit Juli Zeh: „Eine riesige Menge von Menschen in Deutschland hat sowas von die Nase voll von diesem ganzen Geplätscher und Geschrei. Sie wollen ruhige, gute, wohlabgehangene Berichterstattung. Sie sind medial abgenervt.“

Bravo! Schöner könnte man das Anliegen des NACHHALL nicht formulieren. Und noch eins, Zeh beklagt die Fast-Food-Moral der Aufmerksamkeitsökonomie (= Medien) und warnt vor einer Demokratieverdrossenheit der Bürger: „Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass im politischen Selbstverständnis der Bürger eine Art Konsumentenhaltung auf dem Vormarsch ist.“

Zur Rettung der Demokratie fordere ich deshalb eine allgemeine Wahlpflicht und ein Twitter-Verbot für Berufspolitiker, Journalisten und Funktionäre. Gleichzeitig lade ich alle ein ihre Eigenverantwortung auf Spaziergängen wahrzunehmen.

Vielen Dank!

Paul Andersson