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NACHHALL
von Eduart Mörike
Die Gelehrten und die Pfaffen
streiten sich mit viel Geschrei,
was hat Gott zuerst erschaffen –
wohl die Henne, wohl das Ei!
Wäre das so schwer zu lösen –
erstlich ward ein Ei erdacht,
doch weil noch kein Huhn gewesen –
darum hat‘s der Has‘ gebracht!
Mörike besuchte zunächst das evangelische Seminar Urach, später das Tübinger Stift (bis 1826), da sein Onkel, der nach dem Tod des Vaters 1817 die Vormundschaft übernahm, für den Neffen eine geistliche Laufbahn vorgesehen hatte. Eine Reihe lebenslanger Freundschaften Mörikes gehen auf die Ausbildungszeit zurück (u.a. mit Ludwig Bauer und Friedrich Hölderlin) sowie die intensive Beschäftigung mit antiken Klassikern, was für die Entwicklung des Schriftstellers bedeutsam war. Nach Jahren des Vikariats an unterschiedlichen Orten, wurde er schließlich Pfarrer in Cleversulzbach, wo er das vergessene Grab der Mutter von Friedrich Schiller entdeckte und pflegte. Seine anhaltenden Zweifel am geistlichen Beruf sowie seine labile Gesundheit veranlassten ihn dazu, im Alter von 39 Jahren die Versetzung in den Ruhestand zu beantragen, was ihm bei Zahlung eines geringen Gehaltes gewährt wurde. 1851 heiratete Mörike die katholische Margarethe von Speeth, eine Entscheidung, die ihm auch konfessionelle Einwände und sogar Feindschaft einbrachte.
Ab 1856 unterrichtete er Literatur am Königin-Katharina-Stift in Stuttgart.
Am bekanntesten sind heute Gedichte von Mörike, aber auch die Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag“ (1855). Außerdem schrieb er weitere Novellen, Märchen, ein Opernlibretto und den Roman „Maler Nolten“ (1832). Als ausgezeichneter Kenner griechischer und römischer Poesie trat er ebenso als deren Übersetzer hervor.
Mörike starb 1875 in Stuttgart.